NGC 660, IC 148 und UGC 1211 in den Fischen

Durch den Umbau meiner Montierung befinden sich die Teleskope nun höher über dem Boden und können besser über die Südwand der Sternwarte hinüberblicken. Da lohnte sich auch wieder eine neue Aufnahme der verbogenen Galaxie NGC 660. Mit dem inzwischen verbesserten Equipment ließ sich eine tiefere und detailliertere Aufnahme mit einem viel größeren Bildfeld gewinnen. Der gezeigte Ausschnitt entspricht dem Bildfeld der Videokamera von vor 15 Jahren.

NGC 660 zählt zu den sogenannten Polar Ring Galaxien. Für die Entstehung solcher Galaxien gibt es zwei Szenarien: Das gängige Modell erklärt solche Galaxien durch eine fast zentrale Kollision einer meist kleineren und kompakten Galaxie mit einer Spiralgalaxie, wodurch ein Ring aus Gas und Staub entsteht, in dem Sternentstehung stattgefunden hat und stattfindet. Diese Ringe können bisweilen bis zu 90° gegenüber der Galaxienscheibe gekippt sein. Bei NGC 660 sind es etwa 45°. Modellrechnungen haben ergeben, dass dieser Winkel nicht die Folge eines "Durchschusses" einer kleinen Galaxie sein kann. Vielmehr ist ein anderes Szenario wahrscheinlich (und lässt sich durch Modellrechnungen zeigen), dass das Erscheinungsbild von NGC 660 dadurch zustande kam, dass eine linsenförmige Galaxie eine gasreiche Spiralgalaxie eingefangen hat, deren Gas und Staub in einen Ring mit 40.000 Lichtjahren Durchmesser um die linsenförmige Galaxie zerrissen wurde. Die Astronomen gehen davon aus, dass diese Kollision vor etwa einer Milliarde Jahren stattfand und NGC 660 seitdem eine Phase heftiger Sternentstehung, vor allem auch in ihrem Zentrum, erfährt. Gelegentlich sind als Folge davon auch heftige Energieausbrüche messbar. Es ist mir ein Rätsel, warum diese extrem gestörte und verbogene Galaxie keinen Eingang in Halton C. Arps Katalog der Galaxien mit bemerkenswertem Aussehen gefunden hat. NGC 660 wäre wirklich prädestiniert dafür gewesen.

Einige Bogenminuten nordwestlich von NGC 660 leuchtet die irreguläre Galaxie IC 148 aus etwa 25 Millionen Lichtjahren Entfernung. Sie ist somit ein Vordergrundobjekt, obwohl ihre Rotverschiebung fast den Wert von NGC 660 erreicht. UGC 1211, nordöstlich von NGC 660, ist etwa 100 Millionen Lichtjahre entfernt und ebenfalls eine irreguläre Galaxie. Die drei Galaxien stehen nur aus unserer Perspektive nebeneinander am Himmel, befinden sich aber in sehr unterschiedlichen Abständen zu uns.

Östlich von NGC 660 tummeln sich außerhalb dieses Bildausschnitts einige schwache Galaxien, die scheinbar einen Galaxienhaufen bilden. Das täuscht. Sie befinden sich in unterschiedlichen Entfernungen zwischen einer und zwei Milliarden Lichtjahren. Etwas südlich leuchtet die Galaxie PGC 3339227 aus vier Milliarden Lichtjahren Entfernung mit einer scheinbaren Helligkeit von 20,2 mag. Etwas südöstlich von NGC 660 ist mit PGC 1432913, PGC 1433323 und PGC 3339327 eine Kette von Galaxien in etwa 400 Millionen Lichtjahren Entfernung sichtbar. PGC 1432913 erinnert mit ihrem herausragenden Spiralarm an eine Kopie von M 101 und PGC 1433323 an NGC 4565. PGC 1433323 hat mit einem Durchmesser von gut 100.000 Lichtjahren etwa die Größe der Milchstraße. Nördlich von UGC 1211 leuchtet eine relativ helle und große nicht-katalogisierte Galaxie. Sie erscheint auf den Aufnahmen des SDSS und noch deutlicher auf den Aufnahmen des PANSTARRS als Spiralgalaxie in größerer Entfernung.

Beim Klick ins Bild oder hier wird das gesamte Bildfeld mit den Galaxien IC 148 und UGC 1211 erreicht.

Datum: 20.09.20, 03:08h MESZ

Optik: f=750 mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: 85 min (Einzelbilder: 300 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

NGC 660 ist eine ungewöhnlich stark gestörte Galaxie. Daß man ein Staubband sehen kann, wenn man auf die Scheibenkante sieht, ist ja noch normal. Daß man aber zwei sich kreuzende Staubbänder sieht, ist extrem selten. Das Ganze ist ein Projektionseffekt. Wir schauen auf die Galaxie fast genau von der Seite, aber nicht exakt, weil der helle Galaxienkern unterhalb des Staubstreifens zu sehen ist. Der Balken dieser Balkengalaxie verläuft schräg durchs Bild. Der Staub in der Scheibenmitte zeichnet sich dunkel vor dem Balken ab. Das ist der diagonale Staubstreifen. Das linke Ende der Galaxienscheibe ist nach oben, das rechte nach unten gebogen. Der uns zugewandte Rand der Scheibe veläuft fast senkrecht, was an dem breiten senkrechten Staubstreifen, der den Scheibenrand markiert gut zu sehen ist. Solch eine starke Deformierung kommt durch die gravitative Wechselwirkung bei der nahen Begegnung zweier Galaxien zustande. NGC 660 ist Mitglied der Galaxiengruppe um M 74 und befindet sich in einer Entfernung von etwa 45 Millionen Lichtjahren.

Datum: 01.09.05, 04:00h MESZ

Optik: f=1480 mm f/6,3

Nachführung: keine

Gesamtbelichtungszeit: 31 min (Einzelbilder: 10 Sekunden)

Kamera: Watec WAT 120-N

 

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