NGC 4861 (Arp 266) in den Jagdhunden

NGC 4861 ist als HII-Galaxie klassifiziert. Kennzeichen solcher Galaxien ist ein sehr hoher Anteil an ionisiertem Wasserstoffgas und schweren Elementen. Die schweren Elemente sind bei Supernovaexplosionen freigesetzt worden. Um einen nennenswerten Anteil schwerer Elemente freizusetzen, bedarf es einer riesigen Anzahl von Supernovae, die beim Kernkollaps massereicher Sterne aufleuchten. Daraus folgt zum einen, dass NGC 4861 zuvor eine sogenannte Starburst Galaxie war, die eine sehr hohe Sternbildungsrate aufwies, und zum anderen, dass die vielen Supernovaexplosionen das Gas stark aufheizen und sogar aus der Galaxie blasen können, wie es auch bei M 82 der Fall ist. Die HII-Regionen in NGC 4861 sind deutlich als helle Flecke entlang der Längsachse der Galaxie aufgereiht. Auf Farbaufnahmen erscheinen sie dennoch nicht rot, sondern blau. Das liegt an den hellen massereichen Sternen, die sich in ihnen gebildet haben und mit ihrem bläulichen Licht die roten HII-Regionen überstrahlen.

NGC 4861 hat eine Entfernung von ca. 48 Millionen Lichtjahren und eine Ausdehnung in Längsrichtung von ca. 4 Bogenminuten. Damit beträgt die tatsächliche Größe nur etwas mehr als 50.000 Lichtjahre. Damit zählt NGC 4861 wie M 33 noch zu den Zwerggalaxien. Sie wurde als Balkenspirale klassifiziert, was sich mir nicht erschließt. Der helle Fleck am Südende der Galaxie soll ein aktiver Galaxienkern, also ein aktives Schwarzes Loch, sein und hat im Katalog von Markarian die Nummer 59. Für einen Galaxienkern befindet sich das Objekt aber sehr weit außerhalb der Galaxienmitte. Auch von daher kann ich die Klassifikation als Balkenspirale nicht nachvollziehen. Simbad gibt aber den Hinweis, dass es sich bei dem Objekt Mrk 59 allerdings "nur" um eine helle Wasserstoff-Emisionsnebel handelt. NGC 4861 ist in Arps Katalog der Galaxien mit bemerkenswertem Aussehen unter der Nummer 266 gelistet.

Was hat aber die plötzlich erhöhte Sternbildung in NGC 4861 angestoßen? Üblicherweise sind solche Prozesse die Folge von gravitativer Wechselwirkung mit Nachbargalaxien. In der Umgebung von NGC 4861 mangelt es aber an Nachbargalaxien. Die nächste in Frage kommende Galaxie ist UGCA 309 ca. 40 Bogenminuten in südwestlicher Richtung. Das sind rund 500.000 Lichtjahre und eine realistische Entfernung. UGCA 309, auch CVn II dwA genannt, ist eine ganz unscheinbare flächenlichtschwache irreguläre Zwerggalaxie. Anzeichen für eine gravitative Wechselwirkung sind nicht erkennbar.

Auch die Umgebung von NGC 4861 ist sehenswert. Zum einen finden wir in der direkten Umgebung ein paar Hintergrundgalaxien in Kantenlage. Besonders hübsch finde ich aber die Spiralgalaxie LEDA 44730 nordöstlich von NGC 4861. Bei der kleinen Spirale sind sogar zwei Spiralarme andeutungsweise zu sehen.

Beim Beschriften des Bilds fiel mir der Stern BF CVn in der rechten oberen Ecke auf, der eine hohe Eigenbewegung haben soll. Das inspirierte mich, die POSS-Aufnahmen aus 1950 und 1989 und meine eigene Aufnahme zu überlagern (unten links), wobei die einzelnen Aufnahmen in die verschiedenen Farbkanäle eines RGB-Bilds kopiert werden. Das Ergebnis ist unten zu sehen. Die hohe Eigenbewegung von dem Sternpaar in der Bildmitte ist gut sichtbar.

Gleichzeitig fallen auch einige weitere sterne mit Farbsäumen auf. Deshalb habe ich aus den einzelnen Bildern eine Animation gebastelt (unten Mitte). Darauf hüpfen nicht nur die zwei Sterne in der Bildmitte, sondern viele weitere Sterne. Da ist richtig Bewegung im Bild! Einige der Sterne mit sichtbarer Eigenbewegung sind mit zwei spitzen Klammern markiert, aber mindestens ebenso viele weitere Sterne bewegen sich ebenfalls.

Das Paar in der Bildmitte scheint ein Doppelstern zu sein. Um eine eventuelle Bahnbewgung des lichtschwächeren Begleiters relativ zur Hauptkomponente sichtbar zu machen, habe ich eine weitere Animation auf die Hautpkomponente zentriert (unten rechts). Eine Rotation ist nicht erkenbar, aber der Begleiter entfernt sich von der Hauptkomponente ! Das beeutet, dass wir seitlich auf die Bahnebene schauen und der Begleiter sich zum sternferneren Umkehrpunkt auf seiner Ellipsenbahn bewegt. wenn wir seitlich auf die Bahnebene schauen, dann könnte das Paar ein Bedeckungsveränderlicher sein, der mit mehreren hundert oder tausend Jahren eine Verfinsterung zeigt. Die Genauigkeit meiner Animation reicht aber nicht aus, um die Bahn genügend genau zurück verlängern zu können und somit eine Bedeckungsveränderlichkeit nachzuweisen.

Nun stellt BF CVn die Bezeichnung eines Veränderlichen Sterns dar. Verbirgt sich dahinter ein Bedeckungsveränderlicher? Die astronomische Datenbank Simbad kennt BF CVn (das ist die Hauptkomponente des Doppelsternsystems) als Veränderlichen vom Typ BY Dra. Das sind rote Zwergsterne, die geringe Helligkeitsvariationen zeigen, weil ihre Oberfläche von ausgedehnten Sternflecken bedeckt ist. Die Flecken sind dunkler als die normale Sternoberfläche und rufen bei jeder Rotation des Sterns geringe Helligkeitsabnahmen hervor.

Wenn der Mauszeiger aufs Bild bewegt wird, erscheinen die Beschriftungen der wichtigsten Objekte.

Datum: 03.05.14, 02:29h MESZ

Optik: f=750 mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90 mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: 63 min (Einzelbilder: 180 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

 

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