Tips & Tricks

 

Nachführen mit dem Fadenkreuzokular: Praktische Erfahrungen

Ich habe mich dazu entschlossen, nicht mit einem Off-Axis-Guider, sondern mit einem zusätzlich montierten und in zwei Richtungen gegenüber dem Hauptrohr verschwenkbaren Leitfernrohr nachzuführen. Der Grund ist, daß ich so viel bequemer einen passenden und genügend hellen Leitstern finden kann.

Das ist zur Zeit aber noch Theorie, denn ich habe das Leitrohr, ein Celestron C5, ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit 125mm Öffnung, noch fest und mehr oder weniger parallel zum Hauptrohr montiert. Der Adapter für die Feinbewegung in zwei Achsen relativ zum Hauptrohr ist noch im Werden. Wenn er fertig ist, werde ich ihn hier vorstellen.

Als Fadenkreuzokular habe ich eines mit einem Doppelfadenkreuz und möglichst geringer Brennweite gesucht, da die Nachführgenauigkeit natürlich mit der Vergrößerung zunimmt. Ich habe mich für das 9mm Plössl-Okular von Meade entschieden. Dieses hat ein verschiebbares Fadenkreuz und eine Beleuchtung mit Kabel. Es wird auch eine Version mit kabelloser Beleuchtung angeboten. Aber ich habe erstens eine solide 12V-Spannungsversorgung (tragbare Autobatterie, aber nicht die von meinem Auto!) und zweitens schon mal schlechte Erfahrungen mit einer kabellosen Beleuchtung gemacht, als ich nämlich beim Einpacken versehentlich den Ein-Ausschalter betätigt und nach dem Auspacken leere Batterien hatte. OK, die kabellose Beleuchtung ist auch ein bißchen teurer.

Ich hatte mir das Okular aus dem Prospekt ausgesucht und bestellt. Dabei habe ich mir natürlich ein ca. 50° großes Gesichtsfeld eines typischen Plössl-Okulars vorgestellt. Aber leider weit gefehlt! Da die Scheibe mit dem eingravierten Fadenkreuz verschiebbar ist, aber das Okular schlank gebaut ist, war wohl im Okulartubus kein Platz für eine größere verschiebbare Scheibe, als die eingebaute und durch eine Blende auf ein Gesichtsfeld von höchstens 40° reduzierte Scheibe. Zum Nachführen reicht das allemal, aber ohne Beleuchtung hätte es doch ein schönes 9mm Plössl-Okular sein können.

Die Helligkeit habe ich durch einen zwischengeschalteten regelbaren Widerstand so heruntergedimmt, daß ich auch auf schwächere Sterne noch nachführen kann, ohne daß diese vom beleuchteten Fadenkreuz überstrahlt werden. Durch das Doppelfadenkreuz entsteht in der Mitte ein kleines Quadrat, innerhalb dessen ich den Stern zu halten versuche. Die Sterne sind üblicherweise deutlich kleiner als das Quadrat, so daß sie schon ein kleines Stück wandern können, bevor man dies richtig bemerkt. Hinzu kommt, daß die Position des Sterns innerhalb des Quadrats auch vom Einblickwinkel abhängt. Man erleichtert sich das Nachführen erheblich, wenn man das Fadenkreuzokular so dreht, daß die Fäden parallel zur Ost-West- und Nord-Süd-Richtung zu liegen kommen. Wenn man dann noch den Handtaster so hält, daß die Drucktasten ebenfalls parallel zum Fadenkreuz ausgerichtet sind, dann ist es ganz leicht, ohne viel Raterei die richtige Taste im Falle einer notwendigen Korrektur zu drücken.

Meine Montierung läßt sich mit dem eingebauten Polachsenfernrohr sehr genau auf den Himmelspol ausrichten. Die Genauigkeit reicht für Aufnahmen mit voller Brennweite (2350mm) aus. Die Montierung läuft auch sehr genau, insbesondere wenn der Motor für die Rektaszensionsachse ziehen muß. Dann brauche ich kaum nachjustieren. In der Vergangenheit habe ich aber diesem Umstand nicht genügend Beachtung geschenkt, so daß der Motor zwar nicht bremsen mußte, aber leichtes Spiel hatte. Dann lief er deutlich ungenauer. Dadurch und weil ich nicht ständig in das Fadenkreuzokular schaue (da würde ich ja einen steifen Nacken bekommen!), passierte es dann immer wieder, daß der Leitstern zu weit aus dem Quadrat wanderte. Die Abweichung betrug zwar nie mehr als den Abstand der beiden Fäden des Doppelfadenkreuzes, aber er reichte, um längliche Sterne zu verursachen.

Natürlich hängt die Genauigkeit auch vom Verhältnis der Brennweite der Optik, durch die fotografiert wird, zu der Vergrößerung, mit der nachgeführt wird. Das C5 hat eine Brennweite von 1250mm. Bei einem 9mm Okular ergibt das eine Vergrößerung von 139fach. Meine Aufnahmen mit 1480mm Brennweite sind bei dieser Nachführvergrößerung fast durchweg nicht genau genug nachgeführt. Ich arbeite deshalb, wenn möglich mit einer 2X-Barlowlinse. Das ergibt dann mindestens eine Vergrößerung von 278fach. Solchermaßen nachgeführte Aufnahmen zeigen, sofern ich beim Nachführen nicht "geschlafen" habe, runde Sternbilder. Bisher setzt der Einsatz der Barlowlinse aber genügend helle Sterne in unmittelbarer Nachbarschaft des zu fotografierenden Objekts voraus. In Zukunft soll sich das ja ändern (s.o.). Ich werde darüber berichten.

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