LDN 1160 (Dobashi 3252), B 174 (LDN 1164), LDN 1165 (Dobashi 3258) und GN 22.05.1 (Gyulbudaghian 22, HH 354 IRS) im Kepheus

Die gezeigte Region befindet sich östlich des großen Emissionsnebels mit dem offenen Sternhaufen IC1396 und etwas nördlich von ζ Cephei. Ich bin darauf gestoßen, als ich auf der Suche nach einem interessanten Objekt in Aladin stöberte und einen kleinen Reflexionsnebel in einer Dunkelwolke fand. Die Dunkelwolke war LDN 1165 bzw. Dobashi 3258 und der Reflexionsnebel GN 22.05.1, ein Nebel bei einem Stern in der Entstehungsphase. Aufnahmen durch den Luminanzfilter im sichtbaren Licht zeigten den Reflexionsnebel nicht. Deshalb brach ich die Serie ab und belichtete im Infraroten weiter. Dort war der Nebel besser sichtbar, aber dennoch nicht so schön wie in Aladin. Am Ende war ich neugierig, welche Unterschiede zwischen den Aufnahmen im sichtbaren und infraroten Licht zutage treten würden und fertigte ein Falschfarbenbild, bei dem die Infrarotaufnahme in den Rotkanal und die Luminanzaufnahme in die Blau- und Grünkanäle wanderte.

GN 22.05.1 ist ein Reflexionsnebel ähnlich wie PV Cephei und ist auch als Herbig-Haro-Objekt HH 354 IRS katalogisiert. Herbig-Haro-Objekte sind aber keine Reflexionsnebel, sondern entstehen, wenn der Jet eines jungen, noch in der Entstehung befindlichen Sterns auf Wasserstoffwolken in seiner Umgebung trifft und diese durch Stoßionisation zum Leuchten anregt. Solch ein Nebel existiert in der Tat, aber mehrere Bogenminuten weiter nördlich. Er ist auf meiner Aufnahme unsichtbar. Ich müsste eine Aufnahme durch einen Hα-Filter machen, um HH 354 deutlicher hervortreten zu lassen. Die Bezeichnung HH 354 IRS deutet an, dass der Nebel mit HH 354 in Verbindung steht, aber eine Infrarotquelle (Infrared Source = IRS) ist. Von daher war der Infrarotfilter schon eine gute Wahl, wenngleich ich mir gewünscht hätte, dass GN 22.05.1 deutlicher zu sehen gewesen wäre. Entdeckt wurde der Nebel vom armenischen Astronomen Gyulbudaghian und als Nummer 22 in seiner 1982 veröffentlichten Liste enthalten.

Beim Vergleich der DSS-Aufnahme mit der des 2Micron-Durchmusterung fiel mir ein Stern unweit des Nebels auf, der im Infraroten sehr hell, im Visuellen aber unsichtbar war. Der Stern trug die Katalogbezeichnung IRAS 22051+5849, was der Hinweis auf den Satelliten IRAS war, der den Himmel im Infraroten durchmustert hatte, und die Koordinaten in Rektaszension und Deklination. Es ist mir tatasächlich gelungen, den Stern im Infraroten nachzuweisen. Allerdings hatte ich gehofft, dass er ein wenig heller erscheinen würde.

Viel deutlicher als IRAS 22051+5849 waren aber andere rote, also infrarothelle, Sterne sichtbar. Einige wie V643 Cep oder V726 Cep sind als Variable Sterne vom Typ Mira bekannt. Einer hatte die interessante Alternativbezeichnung Hetzler I 5. Die geht auf eine Untersuchung von Charles Hetzler in den 1930er Jahren zurück. Er hatte damals am Yerkes-Observatorium Fotoplatten im Blauen und Infraroten belichtet und war auf der Suche nach infrarothellen Sternen, die als Veränderliche Riesensterne vom Typ Mira vermutet wurden. Dazu belichtete er mit dem 1,2 m Reflektor blauempfindliche Platten und mit dem 250 mm Astrografen Platten mit einer infrarotempfindlichen Emulsion. Die Ordnungsnummer I 5 besagt, dass es das Feld Nummer I und der darin gefundene Stern Nummer 5 war. Und in der Tat: Hetzler I 5 ist ein veränderlicher Stern. Hetzler belichtete für seine mehrjährige Untersuchung insgesamt 8 Felder im Sternbild Kepheus.

Der 250 mm Astrograf, mit dem wegen des großen Gesichtsfelds die Hauptarbeit der Belichtungen durchgeführt wurde, war das sogenannte Bruce-Teleskop (Petzval-Refraktor), das nach der Sponsorin Catherine Wolfe Bruce, einer reichen New Yorkerin, benannt wurde. E.E. Barnard beschreibt das Telekop in diesem Artikel. Catherine Bruce hatte Ende des 19. Jahrhunderts auch noch einige weitere Astrografen finanziert, die alle den Namen ihrer Sponsorin tragen. Deshalb gibt es auch an der Landessternwarte in Heidelberg einen Bruce Doppel-Astrografen, übrigens mit zweimal 400 mm Öffnung und 2000 mm Brennweite. Das parallel montierte Leitfernrohr hat eine Öffnung von 250 mm uns sogar 4000 mm Brennweite. Teleskope mit den technischen Daten der Astrografen sind heutzutage auch bei vielen Amateuren zu finden. So ändern sich die Zeiten!

Nicht alle der knallroten und damit im Infraroten wesentlich helleren Sterne sind in Katalogen wie dem der IRAS-Durchmusterung erfasst. Ich habe sie mit 1 bis 7 nummeriert. Bei den katalogisierten Sternen handelt es sich in der Regel um kühle Sterne vom Spektraltyp M. Einige Objekte werden auch als junge stellare Objekte, also Sterne in der Entssthungsphase verdächtigt. Ein besonderer Stern ist CGCS 5583. Die Katalogbezeichnung CGCS = Catalog of Galactic Carbon Stars (Katalog galaktischer Kohlenstoffsterne) weist darauf hin, dass es sich hier um kühle Kohlenstoffsterne wie R CrB handelt, wobei dies bei CGCS 5583 noch nicht nachgewiesen wurde. Der Stern steht "nur" im Verdacht, ein Kohlenstoffstern zu sein.

Neben zahlreichen Emissionsnebeln sind auch viele Dunkelnebel im Sternbild Kepeus zu finden. Ich habe mich allerdings bei der Identifikation ein wenig schwer getan, weil die in Simbad angegebenen Positionen nicht ganz mit der offensichtlichen Gegebenheiten übereinstimmen. So befindet sich die Position von B 174 (nach einem Katalog von Edward Emerson Barnard aus 1927 westlich der auffälligen Dunkelwolke nahe der Bildmitte. B. T. Lynds setzt B 174 mit LDN 1164 gleich. LDN 1165 wird von der astronomischen Datenbank Simbad allerdings in der Dunkelwolke verortet und von Aladin dort angezeigt. Leider konnte ich zwecks Klärung weder auf die Originalarbeit von Barnard noch auf Zeichnungen oder Karten von Lynds zugreifen.

In diesem Bildfeld befinden sich zwei Dunkelnebel, nämlich LDN 1160 rechts unten und links davon sehr auffällig LDN 1165 wie ein mathematisches "Größer-Zeichen" (>). Diese Staubwolken müssen uns recht nahe sein, weil sich kaum Sterne zwischen ihnen und uns befinden. Die Katalogbezeichnung LDN geht auf einen 1962 veröffentlichten Katalog von Dunkelnebeln von Beverly T. Lynds zurück, die übrigens auch einen Katalog mit hellen Nebeln (LBN) verfasst hat. Auch der Japaner Kazuhito Dobashi hat die Dunkelnebel der Milchstraße katalogisiert und 1994 einen Katalog der Dunkelnebel im Sternbild Schwan und Umgebung herausgegeben, dem 2011 ein weiterer auf der Basis der 2MASS-Durchmusterung im Infraroten bei Wellenlängen um 2 µm folgte, also bei noch etwas längeren Wellenlängen als ich sie mit meinem Equipment erreichen kann.

Beim Klick ins Bild oder hier erscheint das Bildfeld in voller Auflösung mit der Beschriftung der interessantesten Objekte.

Datum: 30.09.22, 21:28h MESZ

Optik: f=750 mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: L = 12 min, IR = 60 min (Einzelbilder: 240 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

Filter: IR = ProPlanet 807 IR-Pass von Astronomik

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