SN2025coe in NGC 3277 ist ein ganz spezieller Fall. Entdeckt wurde sie am 24.02.2025 bei einer Helligkeit von 17,8 mag vom japanischen Amateur Koichi Itagaki, und zwar 5,25 Bogenminuten vom Zentrum der nur 4 Bogenminuten messenden Scheibengalaxie und damit weit von ihr entfernt. Die Distanz entspricht 115.000 Lichtjahre ohne Berücksichtigung der radialen Entfernungskomponente. SN2025coe wurde als Supernova vom Typ II klassifiziert, also dem Kernkollaps eines Sterns von mindestens 8 Sonnenmassen. Massereiche Sterne haben bekanntlich ein kurzes Leben, je massereicher, desto kürzer. Ein Stern mit 8 Sonnenmassen könnte es innerhalb seiner Lebenserwartung bis zum Explosionsort geschafft haben, wenn er kurz nach seiner Geburt durch eine Begegnung mit dem zentralen Schwarzen Loch der Galaxie auf eine Geschwindigkeit von 600 km/s oder mehr beschleunigt worden wäre. Diesen Wert erreichen z.B. Sterne, die die Milchstraße mit hoher Geschwindigkeit verlassen.
Aber dann hatte sich das Spektrum der Supernova SN2025coe geändert, und die Klassifikation wurde in Typ Ib-pec aktualisiert. Damit wäre der Vorgängerstern ein noch wesentlich massereicherer Stern gewesen, der vor der Explosion durch starke Sternwinde seine Wasserstoffhülle abgeworfen hätte. Solch ein Stern hätte niemals innerhalb seines Lebens den Ort der Explosion erreichen können, wenn man keine exorbitant hohe Reisegeschwindigkeit annimmt. Kurz darauf verdichteten sich aber die Hinweise auf den Typ Ib-Ca rich. D.h. das Spektrum zeigt keine Absorptionslinien von Wasserstoff mehr auf, dafür aber kräftige Linien von Kalzium. Dieser Typ Supernovae ist recht selten und wartet noch mit weiteren Besonderheiten auf: Diese Supernovae treten in Galaxien mit alten Sternen (z.B. Elliptische Galaxien) auf, sie erreichen wesentlich geringere Helligkeiten als der Typ Ib, ihre Lichtkurven fallen sehr schnell wieder ab, und sie treten in Entfernungen von typischerweise 30 kpc und mehr, also rund 100.000 Lichtjahren von ihren Heimatgalaxien auf.
All das konnte bei SN2025coe auch beobachtet werden. Sie erreichte am 07.03.2025 ihre maximale Helligkeit von 14,6 mag und wurde dann rapide dunkler. Ende März war sie nur noch 18 mag im Roten und 19 mag im Grünen hell. Die Scheibengalaxie NGC 3277 vom Hubble-Typ SA(r) ist nur etwa 75 Millionen Lichtjahre entfernt. In dieser Entfernung hätte die Supernova, wäre sie vom regulären Typ Ib gewesen, einige Größenklassen heller sein müssen, zumal an ihrer Position kein vorgelagerter und lichtdämpfender Staub zu erwarten ist. Was ist also eine Supernova vom Typ Ib-Ca rich? Das ist eine gute Frage, auf die die Astronomen bislang noch keine schlüssige Antwort haben. Allgemein wird vermutet, dass ein Weißer Zwerg involviert ist. Seine Lebensdauer reicht auf jeden Fall, um den Explosionsort ohne Kunstgriffe zu erreichen. Die bislang vorgeschlagenen Szenarien, was genau und wie stattgefunden hat, haben alle irgendwelche Schwächen.
Ein paar Tage nach meiner ersten Aufnahme hatte ich bessere Bedingungen und konnte eine tiefere Aufnahme gewinnen. SN2025coe hatte ihre Helligkeit nicht verändert und strahlte weiterhin 16,4 mag hell. Durch die längere Belichtungszeit wird auch der lichtschwache äußere Halo von NGC 3277 sichtbar. Sie ist eine Scheibengalaxie vom Typ SA(r). Das (r) deutet an, dass es eine Ringstruktur um den Kern gibt. Auf Farbaufnahmen ist eine blaue hufeisenförmige Struktur um den Kern zu sehen. Auf Schwarzweiß-Aufnahmen ist sie etwas schlechter sichtbar. Es handelt sich dabei um eine ringförmge Region, in der in kosmologisch sehr kurzer Zeit sehr viele massive Sterne entstehen, deren blaues Licht diesen Ring markiert. Diese Sterne werden nach ihrem kurzen Leben als Kernkollaps-Supernovae explodieren.
NGC 3277 ist Mitglied einer kleine Gruppe von Galaxien, zu der NGC 3245, NGC 3254, NGC 3265 (rechts oben) und UGC 5662 gehören. NGC 3265 ist ebenfalls eine Scheibengalaxie, aber wesentlich kompakter, ohne Halo und deshalb kleiner. Im Bildfeld befinden viele weit entfernte Galaxienhaufen, von denen bei einigen die hellsten Elliptischen Riesengalaxien sichtbar sind. Das Licht dieser Haufen war mehrere Milliarden Jahre zu uns unterwegs. PGC 4560631: 3,25 Milliarden Jahre, PGC 4560506: 3,28 Milliarden Jahre. PGC 4546806 nördlich von PGC 4560631 gehört nicht zum Haufen und ist mit einer Entfernung von gut 90 Millionen Lichtjahren ein Vordergrundobjekt. Ein Kuriosum ist NGC 3272 . Unter dieser Nummer wurde früher die Galaxie LEDA 31115 geführt, was die Datenbank Simbad noch heute tut. Recherchen in den Originalaufzeichnungen der Entdecker u.a. durch Wolfgang Steinicke haben aber aufgedeckt, dass die Entdecker zwei eng beieinander stehende Sternchen etwas weiter westlich wohl nicht trennen konnten, und als elongiert und nebulös wahrgenommen haben.
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Datum: 03.03.25, 00:24h MEZ
Optik: f=750mm f/5,4
Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6
Gesamtbelichtungszeit: 72 min (Einzelbilder: 180 Sekunden)
Kamera: Atik 460EX
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