Sh2-198 und IC 1848 (Seelennebel, Embryo-Nebel, Sh2-199, LBN 667, LBN 670) in der Kassiopeia

Der Seelennebel (manchmal auch Embryo-Nebel genannt) IC 1848 ist ja mit seinem Nachbarn IC 1805 ein häufig fotografiertes Objekt. Seltener wird auf Sh2-198, den kleinen, südwestlich davon gelegenen Nebel eingegangen. Er ist recht lichtschwach, hat eine rundliche Form und im Südwesten eine helle, strukturierte Stoßfront. Sh2-198 ist auf meiner Aufnahme unten rechts zu sehen. Anregender Stern ist der nordwestlichere der beiden hellen Sterne im Nebel. Es ist LS I +59 153 mit dem Spektrum B0. Die merkwürdige Bezeichnung weist auf den ersten (daher römisch 1), 1959 von der Hamburger Sternwarte veröffentlichten Katalog leuchtkräftiger Sterne (LS). Bezogen auf das Äquinoktium 1950 hatte der Stern eine Deklination von etwas mehr als +59° nördlicher Breite und von den Sternen dort die Zählnummer 153.

Sh2-198 ist eine sogenannte Strömgren-Sphäre, d.h. ein kugelförmiges Gebilde mit dem ionisierenden Stern in der Mitte. Der Stern ist dabei nicht in der Gas- und Staubwolke entstanden, sondern hat sich in sie hinein bewegt und ionisiert nun seine Umgebung. In östlicher und nördlicher Richtung des anregenden Sterns kann man auch eine runde Form des schwachen Nebels erkennen. Bezogen auf deren Radius steht der anregende Stern im Zentrum. Wenn man aber auch den hellen südwestlichen Rand betrachtet, befindet sich der Stern viel Näher an diesem Rand. Das bedeutet nur, dass sich in südwestlicher Richtung viel dichtere Materie befindet, in die die UV-Strahlung des Sterns nicht so weit eindringen kann. Stattdessen leuchtet deren dem Stern zugewandte Seite durch Stoßionisation hell auf, weil wegen der größeren Dichte auch mehr Wasserstoffatome ionisiert werden.

Die obere Bildhälfte wird von dem sehr viel helleren Emissionsnebel IC 1848 dominiert, wobei IC 1848 sowohl den Nebel als auch den darin enthaltenen offenen Sternhaufen meint. Der Nebel hat als Alternativbezeichnungen Sh2-199 (zweiter Katalog von Sharpless) als auch LBN 667 (Lynd's Bright Nebulae), der Sternhaufen wird auch als Collinder 32 geführt. Auffällig sind die hellen Stoßfronten am südlichen Nebelrand, die mit LBN 670 eine eigene Nummer in Lynds Katalog haben. Sie zeigen mit ihren Spitzen auf eine Position oberhalb meiner Aufnahme. Dort befinden sich der Sternhaufen in IC 1848, der den Wasserstoff zur Emission anregt. Am westlichen Rand sind die Ionisationsfronten weniger deutlich erkennbar, zeigen aber ebenfalls vom Sternhaufen hin. Der Nebel leuchtet vor allem in Hα, der primären Emissionslinie des ionisierten Wasserstoffs.

Trotz einer Belichtungszeit von nur 60 Minuten habe ich auch die sehr schwachen Bereiche von Sh2-198 abbilden können. Beim Klick ins Bild oder hier erscheint die Aufnahme in voller Auflösung.

Datum: 14.12.22, 21:51h MEZ

Optik: f=750mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: 60 min (Einzelbilder: 240 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

Filter: 6 nm Hα von Astronomik

 

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