Die Cosinuswerte für negative Deklinationswinkel sind genauso groß wie die für positive Deklinationswinkel. Man
erkennt unmittelbar, daß sich erst ab einer Deklination von 40° die möglichen Belichtungszeiten merklich verlängern.
Wählt man andere Randbedingungen als die unseres Beispiels, kann man sich allgemein merken:
Verdoppelt man die Brennweite des Objektives, halbiert sich die zulässige Belichtungszeit.
Verdoppelt man die Größe des Abzugs, halbiert sich die zulässige Belichtungszeit.
Halbiert man die Länge der Strichspur auf dem Abzug, halbiert sich die zulässige Belichtungszeit.
Allgemein gilt damit:
t = 324000 Sekunden x L / (f x cos δ x s)
t = maximale Belichtungszeit in Sekunden
L = maximale Strichspurlänge in mm auf der Vergrößerung (Fotoabzug)
f = Brennweite des Objektivs in mm
δ = Deklinationswinkel des Objekts
s = Länge der kurzen Seite des Fotoabzugs in mm
Damit ergeben sich folgende Tabellenwerte:
Brennweite in mm |
Bildfeld in ° |
max. 0,5 mm Strichspurlänge bei Vergrößerung auf (in cm) |
max. 1 mm Strichspurlänge bei Vergrößerung auf (in cm) |
|
|
9 x 13 |
18 x 24 |
24 x 36 |
40 x 60 |
9 x 13 |
18 x 24 |
24 x 36 |
40 x 60 |
|
28 |
50 x 75 |
66 |
33 |
22 |
17 |
130 |
65 |
44 |
34 |
50 |
27 x 40 |
36 |
18 |
12 |
9 |
72 |
36 |
24 |
18 |
100 |
13,5 x 20 |
18 |
9 |
6 |
4,5 |
36 |
18 |
12 |
9 |
135 |
10 x 15 |
13 |
6,5 |
4 |
3 |
26 |
13 |
8 |
6 |
200 |
6,8 x 10 |
9 |
4,5 |
3 |
2 |
18 |
9 |
6 |
4,5 |
Diese Tabelle gilt nur für Kleinbildkameras. Für Mittelformatkameras etc. kann die Tabelle
bei bekannter Bildfeldgröße ebenfalls benutzt werden. Längere Brennweiten ergeben Belichtungszeiten,
die in der Praxis zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen, da zwei negative Faktoren zusammenkommen:
Erstens sinkt die maximal mögliche Belichtungszeit weiter und zweitens sind langbrennweitigere Objektive
in der Regel auch lichtschwächer als kurzbrennweitige. Dadurch sinkt die erreichbare Grenzgröße doppelt.
Die folgende Tabelle gibt die Faktoren an, mit denen die obigen Zeiten in Abhängigkeit vom Deklinationswinkel
multipliziert werden müssen.
Deklination des äquatornäheren Bildfeldrands in ° |
|
Multiplikator für maximale Belichtungszeit |
|
-40 bis +39 |
|
1 |
+40 bis +49 |
|
1,25 |
+50 bis +59 |
|
1,5 |
60 bis +69 |
|
2 |
70 bis +79 |
|
3 |
+80 bis +90 |
|
5,5 |
Jetzt interessiert natürlich, welche Grenzhelligkeiten erreichbar sind. Die maximal erreichbare Grenzgröße
hängt von einer Reihe von Faktoren ab:
Öffnungsverhältnis des Objektivs (Blende) N
Filmempfindlichkeit ISO
spektrale Empfindlichkeit der Filmemulsion
Schwarzschildeffekt der Filmemulsion
Belichtungszeit t
Hintergrundhelligkeit
Nicht alle Faktoren lassen sich einfach bestimmen. Insbesondere entziehen sich die spektrale Empfindlichkeit
der Filmemulsion und ihr Schwarzschildeffekt in der Regel unserer Kenntnis. Mit dem Schwarzschildeffekt bezeichnet
man das Nachlassen der Filmempfindlichkeit mit zunehmender Belichtungszeit. Die anfangs noch proportional zur
Belichtungszeit ansteigende Filmschwärzung läßt bei vielen Emulsionen bereits nach wenigen Sekunden merklich nach.
Die Beiträge, die eine hohe Filmempfindlichkeit, ein lichtstarkes Objektiv und eine lange Belichtungszeit zur
erreichbaren Grenzgröße liefern, addieren sich in erster Näherung. Die nachfolgende Tabelle beruht auf meinen
Erfahrungen und soll die maximale erreichbare Grenzgröße nur grob angeben. Etwaige Fehler werden als kleiner als
+/- 0,5 Größenklassen geschätzt.
N |
8 |
5,6 |
4 |
2,8 |
2 |
1,4 |
ASA |
100 |
200 |
400 |
800 |
1600 |
3200 |
t (sec) |
5 |
10 |
20 |
40 |
80 |
160 |
Beitrag |
0 |
0,8 |
1,6 |
2,4 |
3,2 |
4 |
max. erreichbare Grenzgröße = 1,5 + Beitrag(N) + Beitrag(ASA) + Beitrag(t)
Beispiel 1: N=2, ASA=100, t=20 Sekunden ==> max. erreichbare Grenzgröße = 1,5 + 3,2 + 0 + 1,6 = 6,3 mag
Beispiel 2: N=2, ASA=3200, t=20 Sekunden ==> max. erreichbare Grenzgröße = 1,5 + 3,2 + 4 + 1,6 = 10,3 mag
Beispiel 3: N=4, ASA=100, t=20 Sekunden ==> max. erreichbare Grenzgröße = 1,5 + 1,6 + 0 + 1,6 = 4,7 mag
Beispiel 4: N=2, ASA=100, t=5 Sekunden ==> max. erreichbare Grenzgröße = 1,5 + 3,2 + 0 + 0 = 4,7 mag
In der Praxis wird man feststellen, daß bei sehr kurzen Belichtungszeiten doch etwas höhere Grenzgrößen
erreichbar sind. Außerdem sind die meisten Filmemulsionen im roten Spektralbereich empfindlicher als im
blauen, d.h. bei Sternen der Spektralklassen K und M erreicht man etwas größere Grenzgrößen als bei O- und
B-Sternen. Bei flächigen Objekten wie Galaxien und Gasnebeln wird in Tabellenwerken meistens eine integrale
Flächenhelligkeit angegeben, d.h. es wird so getan, als ob die über die gesamte Fläche verteilte Helligkeit
in einem Punkt konzentriert wäre. Dadurch erscheinen flächenhafte Objekte auf den Fotos viel schwächer als
man aufgrund der angegeben Helligkeit und der nach obiger Tabelle berechneten Grenzhelligkeit erwarten würde.
Also nicht enttäuscht sein!
Mit Filmempfindlichkeiten unter 400 ASA erreicht man in der Praxis nur klägliche Resultate. Man erreicht kaum
schwächere Sterne als man mit bloßem Auge sehen kann. Interessante Empfindlichkeiten wie 3200 ASA sind auf der
anderen Seite aber schon recht grobkörnig, wie meine Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen. Durch den Trend zu Kompakt-Kameras
mit lichtschwachen Zoom-Objektiven haben die Filmhersteller jedoch auch feinkörnigere Filme höherer Empfindlichkeit
entwickelt. Davon können wir Astrofotografen profitieren. Es eignen sich jedoch nicht alle Filme für die Astrofotografie
gleich gut. Konkrete Empfehlungen sind schwierig zu geben, da viele Emulsionen nicht lange auf dem Markt sind, und kaum
daß man eine Emulsion als besonders gut geeignet für die Astrofotografie entdeckt hat, kann sie auch schon wieder vom
Markt verschwunden und durch einen Nachfolger ersetzt worden sein, der für die Astrofotografie absolut ungeeignet ist.
Also bleibt uns nichts anderes übrig als zu probieren. Schreiben Sie mir ruhig Ihre Erfahrungen mit verschiedenen
Filmmaterialien!
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