NGC 4163, NGC 4190, NGC 4214 (=NGC 4228) (ohne SN2010U und ohne AT2021blt) und UGCA 276 in den Jagdhunden

Nur zwei Jahre nach meiner letzten Aufnahme war NGC 4214 erneut mein Ziel. Dieses Mal wollte ich die mutmaßliche Supernova AT2021blt ablichten. Am 01.02.2021 hatte ein amerikanisches Supernovasuchprogramm ein neues Objekt mit einer Helligkeit von 18,5 mag entdeckt. NGC 4214 ist nur knapp 10 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. Da sollten Supernovae eine Helligkeit von unter 10 Magnituden erreichen. Die Position konnte ich mit den Angaben des Transient Name Servers (TNS) auf einem zweifach vergrößerten Ausschnitt meiner Aufnahme ermitteln. Doch von einem Stern oder einer Veränderung gegenüber meiner zwei Jahre zuvor erzielten Aufnahme der Galaxie war nichts zu sehen. Wenn es ein realer Effekt war, den die Amerikaner beobachtet hatten, dann war er knapp zwei Wochen später nicht mehr sichtbar und somit sicherlich keine Supernova.

Beim Klick ins Bild oder hier wird das gesamte Bildfeld mit Markierung der hellsten Galaxien erreicht.

Datum: 14.02.21, 01:18h MEZ

Optik: f=750 mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: 60 min (Einzelbilder: 180 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

 

Nach fast zehn Jahren wollte ich NGC 4214, die auch die Bezeichnung NGC 4228 und somit wie einige andere Objekte eine Mehrfachbezeichnung im NGC-/IC-Katalog führt, nochmals ablichten und eine etwas tiefere Aufnahme erzielen. Das ist mir trotz des leichten Dunsts auch gelungen. Im Bildfeld hatte noch die Galaxie NGC 4190 Platz. Südwestlich von NGC 4214 schimmert schwach die flächenlichtschwache Galaxie UGCA 276. Alle Galaxien sind irreguläre Zwerggalaxien. NGC 4214 hat sogar, wie die Große Magellansche Wolke (GMW), einen Balken ausgebildet. Sie ist größer, heller und massereicher als die GMW.

Alle drei Galaxien gehören zur Galaxiengruppe Canes Venatici I (CVn I), zu der auch M 94, NGC 4449 oder NGC 4144 gehören. In der Gruppe geht es offenbar recht dynamisch zu. NGC 4214 weist eine Fluchtgeschwindigkeit auf, die auf eine Entfernung von 50 Millionen Lichtjahren schließen lässt. Alternative Messmethoden liefern aber eine Entfernung von etwa 10 Millionen Lichtjahren. Analoges gilt für die irreguläre Galaxie NGC 4190: Ihre Fluchtgeschwindigkeit entspricht einer Entfernung von gut 20 Millionen Lichtjahren, ihre tatsächliche Entfernung beträgt etwa 10 Millionen Lichtjahre. Bei UGCA 276 sind die Verhältnisse wie bei NGC 4190. Alle Galaxien bewegen sich von uns fort, NGC 4214 sogar wesentlich schneller als die übrigen Galaxien. Die Begegnung mit einer anderen Galaxie muss sie vor einiger Zeit beschleunigt haben. Solche dynamischen Vorgänge sind in Galaxiengruppen nichts Ungewöhnliches. Man kann deshalb in solchen Gruppen, erst recht nicht in nahen Gruppen, von der Fluchtgeschwindigkeit auf die Entfernung schließen.

Beim Klick ins Bild oder hier wird das gesamte Bildfeld mit Markierung der hellsten Galaxien erreicht.

Datum: 01.04.19, 23:59h MESZ

Optik: f=750 mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: 75 min (Einzelbilder: 180 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

 

Starburst-Galaxien bilden eine große Anzahl massereicher und heller Sterne. Gelegentlich explodiert einer von ihnen als Supernova vom Typ II. So war es nicht verwunderlich, daß am 05.02.2010 ein neuer Lichtpunkt in NGC 4214 vom japanischen Amateurastronomen Koichi Itagaki entdeckt wurde, der die Bezeichnung SN2010U erhielt. Das Spektrum dieser vermeintlichen Supernova zeigte aber, daß es sich "nur" um einen extrem leuchtkräftigen blauen Veränderlichen, einen sogenannten Luminous Blue Variable (LBV) handelte, der einen Superausbruch zeigte.

LBVs sind sehr seltene und sehr massereiche Sterne. Ihre Massen können leicht mehr als 50 Sonnenmassen betragen. Sie haben nur eine geringe Lebenserwartung von wenigen Millionen Jahren und sind so instabil, daß sie immer wieder größere, eruptive Massenverluste erleiden. Diese Eruptionen ziehen sich über viele Monate, Jahre und sogar Jahrzehnte hin. Gelegentlich kommt es auch zu einem Superausbruch, bei dem die Helligkeit um mindestens drei Größenklassen steigt. Aber auch diese Ausbrüche spielen sich auf Zeitskalen von mehreren Monaten und Jahren ab. Umso erstaunlicher war es, daß ich nur einen Monat nach Entdeckung des Superausbruchs keine Spur mehr von ihm feststellen konnte. Mit einer Helligkeit von ca. 16 mag war der Stern bei seiner Entdeckung deutlich vor der Galaxie zu idenfizieren.

Weil LBVs sehr selten und das Verstehen ihrer Physik sehr wichtig für die Modelle zur Sternentwicklung sind, untersuchen die Profiastronomen alle LBVs, derer sie habhaft werden können. Ich mußte nur ein bißchen warten, bis die Artikel in den Fachzeitschriften erscheinen und das Rätsel lösen oder zumindest Erklärungen vorschlagen würden. Ende Mai 2010 erschien ein Artikel von Roberta Humphries u.a., der nahelegt, daß es sich "nur" um eine schnelle und besonders helle Nova gehandelt hat. Schon wenige Tage nach ihrer Entdeckung war sie schwächer als die 18. Größenklasse. Zum Zeitpunkt meiner Aufnahme war sie schwächer als die 21. Größenklasse und somit längst nicht mehr vor dem Hintergrund der Galaxie zu identifizieren. Schade, es wäre die entfernteste Nova gewesen, die ich bis dahin abgelichtet hätte.

Letztendlich werden LBVs als Supernova vom Typ II oder Ib oder Ic explodieren. Bei SN2010U wird das nicht der Fall sein. Dafür reicht ihre Masse nicht, die zu maximal 3-5 Sonnenmassen geschätzt wurde.

Datum: 07.03.10, 02:33h MEZ

Optik: f=1180 mm f/5,0

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an C5 f/10

Gesamtbelichtungszeit: 42 min (Einzelbilder: 180 Sekunden)

Kamera: Atik 314L

 

NGC 4214 ist eine irreguläre Starburst-Galaxie. Morphologisch kann man sie nicht den Spiralgalaxien zuordnen, aber sie verfügt anscheinend über große Gasvorräte, aus denen sie im Moment in großen Mengen neue Sterne produziert. Der Zentralbereich mit den vielen hellen offenen Sternhaufen, die auf der Aufnahme wie einzelne Sterne erscheinen, war bereits auf dem Livebild deutlich zu sehen.

Datum: 22.04.07, 00:19h MESZ

Optik: f=1410 mm f/6,0

Nachführung: keine

Gesamtbelichtungszeit: 27 min (Einzelbilder: 10 Sekunden)

Kamera: Watec WAT 120-N

 

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