M 59, M 60, NGC 4606, NGC 4607, NGC4637, NGC 4638, NGC 4647 (Arp 116) mit SN2022hrs, IC 809, IC 3653 und IC 3665 in der Jungfrau

Eine Supernova führte mich erneut in die Gegend von M 60. Am 16.04.2022, der Vollmondnacht vor Ostern, entdeckte der japanische Amateurastronom Koichi Itagaki, der seit Jahren ein privates und überaus erfolgreiches Supernovasuchprogramm betreibt, die Supernova SN2022hrs in der Galaxie NGC 4647 nordwestlich von M 60. Die Supernova hatte bei ihrer Entdeckung eine Helligkeit von 15,0 mag und war vom Typ Ia, bei dem ein Weißer Zwerg in einem engen Doppelsternsystem seine gesamte Masse von 1,4 Sonnenmassen in einer thermonuklearen Explosion in Energie umwandelt.

Drei Tage später hatte ich Gelegenheit, die Supernova in ihrem Umfeld abzulichten. Ihre Helligkeit war inzwischen auf 13,5 mag geklettert, wie ich mit den Helligkeiten, die mir die astronomische Datenbank Simbad von in der Nähe befindlichen Vergleichssternen im G- bzw. g-Band angab, ermitteln konnte. In den folgenden Tagen stieg die Helligkeit noch weiter an.

Die Elliptische Riesengalaxie M 60 befindet sich in einer Entfernung von etwa 55 Millionen Lichtjahren und dehnt sich mit ihren Außenbereichen aus unserer Perspektive bis zu NGC 4647 aus. NGC 4647 scheint uns etwa 1,5 Millionen Lichtjahre näher zu sein. Die beiden Galaxien sind also tatsächlich eng benachbart. M 59 befindet sich ebenfalls 52-55 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. Aus dieser Entfernung leuchtet auch NGC 4638, die ein extrem helles Zentrum hat. Ihre kleine Nachbargalaxie NGC 4637 hat eine etwas höhere Rotverschiebung und könnte über 70 Millionen Lichtjahre entfernt sein. Oder sie wurde durch eine enge Begegnung mit NGC 4638 so stark von uns weg beschleunigt, dass ihre daraus resultierende Rotverschiebung eine größere Entfernung vorgaukelt. Die Galaxien NGC 4606 und NGC 4607 befinden sich mit Entfernungen von 80 bzw. 115 Millionen Lichtjahren im Hintergrund. In NGC 4606 meine ich, einen Balken oder zwei gestreckte helle Spiralarme ausmachen zu können. NGC 4607 ist durch das zentrale Staubband stark strukturiert, was typisch für Spiralgalaxien ist, bei denen wir (fast) genau auf die Kante schauen.

Bei genauer Inspektion meiner Aufnahme fand ich nicht nur in M 60, sondern auch in M 59 jeweils drei Kugelsternhaufen, die allerdings mit Helligkeiten von 20-21 mag an der Nachweisgrenze lagen. Die Bezeichnung [PBB2015] plus eine Nummer stammt von Simbad. Die Buchstaben in den eckigen Klammern sind die Anfangsbuchstaben der Namen der drei ersten Autoren Pota, Brodie und Bridges, die 2015 eine Arbeit über diese Kugelsternhaufen verfasst haben. Zunächst hatte ich zufällig in Aladin [PBB2015] 357, den mit 20,0 mag hellsten der Kugelsternhaufen, gefunden und danach gezielt nach weiteren Haufen in M 60 und M 59 gesucht. Zu meiner Überraschung wurde ich fündig und wunderte mich noch mehr über die Helligkeiten von etwas mehr als 21 mag, die Objekte laut Simbad haben sollen. Das hatte ich nicht erwartet.

Ich bin auch auf weitere höchst interessante Objekte um M 59 und M 60 gestoßen (worden): Ultrakompakte Zwerggalaxien. Sie erscheinen wie Sterne, sin aber heller und weit massereicher als Kugelsternhaufen und besitzen in ihrem Zentrum Schwarze Löcher, die durchaus 15% ihrer Gesamtrmasse ausmachen können. Es handelt sich bei ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach umd die Kerne von Galaxien (vermutlich Spiralgalaxien), die den Elliptischen Galaxien zu nahe gekommen und von ihnen zerrissen worden sind, wobei sie Gas, Staub und Sterne außer dem Kernbereich durch Gezeitenkräfte an die Riesengalaxien verloren haben (im Englischen Tidal Stripping genannt). Die Objekte sind als M59cO, M59-UCD3 und M60-UCD1 markiert und zu Begleitgalaxien ihrer "Räuber" geworden.

Wenn der Mauszeiger aufs Bild bewegt wird, erscheint die Beschriftung der hellsten Galaxien.

Datum: 19.04.22, 22:37h MESZ

Optik: f=750mm f/5,4

Nachführung: TVGuider mit Watec 120N an 90mm f/5,6

Gesamtbelichtungszeit: 84 min (Einzelbilder: 240 Sekunden)

Kamera: Atik 460EX

 

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