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Die Mintron CCTV-Kamera 12V1C-EX erfreut sich seit ein paar Jahren einer steigenden Beliebtheit in amateurastronomischen Kreisen. Das liegt an ihrer im Vergleich zum Preis hohen Leistungsfähigkeit. Sie ist eine industrielle CCTV-Kamera, die eigentlich für Überwachungsaufgaben konzipiert worden ist. Ihr besonderer Clou ist die hohe Lichtempfindlichkeit, die dadurch erreicht wird, daß die Kamera intern bis zu 128 Bilder addiert. Gemäß der PAL-Videonorm werden pro Sekunde 25 Bilder aus je 2 Halbbildern aufgenommen. Jedes Halbbild hat also eine maximale Belichtungszeit von 20 ms. Durch die 128fache Addition (Integration) ergibt sich aber eine effektive Belichtungszeit von etwa 2,5 Sekunden. Zusammen mit dem sehr lichtempfindlichen und rauscharmen CCD-Chip ICX429ALL von SONY hat man eine Schwarzweiß-CCD-Kamera, die für vergleichsweise wenig Geld astrotauglich ist.
Möglichkeiten der Kamera:
Aufnahmen in schwarz-weiß (Farbe über Komposite mit RGB-Farbfiltern)
Möglichkeit, das Live-Bild auf dem Computer-Monitor oder einem Fernseher zu verfolgen
Einfache Fokussierung über Kontrollmonitor (Fernseher)
Die Mintron 12V1C-EX Kamera ist zwar preisgünstiger als eine CCD-Kamera, die speziell für die Astrofotografie entwickelt wurde, erfordert aber etwas mehr Aufwand bei der Nachbearbeitung der Aufnahmen. Insbesondere die fehlende Kühlung des CCD-Chips und der ungleichmäßig helle Bildhintergrund machen eine sorgfältige Bildbearbeitung durch Darkframeabzug und Flatfieldkorrektur notwendig. Weil außerdem alle 2,5 Sekunden ein neues Bild anfällt, sind für eine 25 minütige Gesamtbelichtungszeit etwa 600 Einzelbilder zu verarbeiten. Die dabei anfallende Datenmenge entspricht einer 700MB fassenden CD-ROM. Das ist auch der Grund, warum ich mich für 25 minütige Aufnahmen entschieden habe.
Da die Mintron als CCTV-Kamera ein analoges Videosignal über eine FBAS- (Cinch-) Buchse oder S-VHS-Buchse ausgibt, braucht man einen Framegrabber, um das analoge Bild wieder in ein digitales umzuwandeln. Ich sagte 'wieder', weil die Mintron intern ja auch mit digitalen Bildern arbeitet und diese nur für die Übertragung in analoge Signale umwandelt. Leider gibt es keine Möglichkeit, das interne digitale Signal direkt mit dem Computer weiterzuverarbeiten. Ich benutze einen Framegrabber (ohne TV-Tuner!) von Hauppauge. Das funktioniert tadellos. Als Aufnahmesoftware benutze ich das mitgelieferte Programm WinTV32, das die Bilder als AVI-Datei speichert. Alternativ könnte man viele weitere z.T. auch kostenlose Programme benutzen, die außer AVI-Dateien die Bilder auch als FITS- oder BMP-Sequenzen abspeichern können. Anschließend sortiere ich mit VirtualDub die unscharfen Bilder aus und speichere die Datei erneut im AVI-Format ab.
Mit Giotto oder Registax, zwei kostenlosen Programmen zur Addition und Bearbeitung von Bildsequenzen wird von den Einzelbildern zunächst das Dunkelbild abgezogen. Danach werden die Bilder deckungsgleich ausgerichtet und durch Mitteln addiert. Die Programme machen das automatisch, wenn man die entsprechenden Voreinstellungen ausgewählt hat. Insbesondere bei Giotto empfiehlt es sich, nach dem Stacken und vor jeder weiteren Bildbearbeitung das gestackte Bild zunächst einmal zu speichern. Um keinen Datenverlust zu erleiden, sollte das FITS-Format gewählt werden. Giotto verwendet 16 Bits pro Farbkanal (auch wenn die Mintron nur Graustufenbilder erzeugen kann). Dateien im BMP-Format beschränken sich auf 8 Bits pro Farbkanal, wodurch die Dynamik des Bilds bei der anschließenden Nachbearbeitung leidet.
Die weitere Bildbearbeitung wie Skalierung des Helligkeitsverlaufs, Rauschunterdrückung und Schärfung sowie eine zusätzliche Korrektur des Bildhintergrunds können mit den genannten oder jedem anderen Bildbearbeitungsprogramm erfolgen, daß die entsprechenden Dateiformate lesen kann.
Ich mache die Aufnahmen mit der Mintron von meiner Terrasse aus. Dabei kann ich die Montierung nicht mit Hilfe des Polsucherfernrohrs auf den Himmelspol ausrichten, weil mein Haus im Wege steht. Also stelle ich die Montierung ungefähr in die richtige Richtung und achte nur darauf, daß das Stativ waagerecht steht. Natürlich zeigt jetzt die Rektaszensionsachse nicht exakt zum Himmelspol und als Folge driften die Objekte auf dem Monitor mit der Zeit durchs Bildfeld. Man kann das sehr schön daran sehen, daß jedes Bild gegenüber dem vorhergehenden um einen kleinen Betrag versetzt ist und die Sterne immer etwas vorwärtsspringen. Würde die Mintron nur einfach die Einzelbilder aufeinanderaddieren, müßten die Sterne zu kleinen Strichen auseinandergezogen sein. Das sind sie aber nicht. Also muß die Mintron vor der Addition (Integration) die Bilder zur Deckung bringen. Diese Eigenschaft ist nirgends dokumentiert, aber in meinem Fall äußerst wichtig und vorteilhaft.
Da die Objekte bei meiner Aufstellung durch das Bildfeld wandern, müssen sie von Zeit zu Zeit wieder auf ihre alte Position zentriert werden. Das geschieht mit Hilfe der Motoren der Montierung. Bei diesen Schwenks schafft es die Mintron natürlich nicht mehr, die Bilder sauber zu zentrieren, und jetzt erscheinen die Sterne strichförmig. Diese Bilder müssen aussortiert werden. Da das Teleskop draußen auf der Terrasse steht und ich im warmen Zimmer vor dem Computer sitze, habe ich den Handtaster nachgebaut und über ein 20m lages Kabel und eine Y-Weiche angeschlossen. So kann ich auf der Terrasse mit dem Original-Taster ein neues Objekt auf dem Chip zentrieren und mit dem zweiten Taster imemr im Blickfeld des Chips halten. Die Kontrolle erfolgt auf der Terrasse auf einem kleinen Schwarzweiß-Fernseher mit FBAS-Video-Eingang und am Computer auf dem Monitor. Framegrabberkarte und Fernseher sind ebenfalls über eine Y-Weiche parallel angeschlossen. Allerdings reduziert das die Höhe des Signalpegels. Deshalb leite ich das Videosignal von der Kamera auf einen manuellen Umschalter, mit dem ich das Videosignal entweder auf den Fernseher oder die Framegrabberkarte schalten kann, damit die Framegrabberkarte die volle Signalstärke und damit der Computer die volle Bildhelligkeit erhält.
Technische Daten:
Chip-Typ: SONY ExView ICX-429ALL (HAD-Typ)
Auflösung: physikalisch 795 x 596, von denen 768 x 576 entsprechend PAL-Norm genutzt werden
Pixelgröße: physikalisch 8,6 x 8,3 µm (Chipgröße: 6,9 x 5,0 mm)
Empfindlichkeit: Maximum bei ca. 610 nm, bei 800 nm auf 50% gegenüber 610 nm abgefallen, von 440-710 nm mindestens 80% der maximalen Empfindlichkeit
Belichtungszeiten: 0,0001 - 2,5 s
Verstärkung: automatisch oder manuell (empfohlen!) mehrstufig einstellbar, oder abschaltbar
Zoom: digital bis zweifach (bringt aber keinen Gewinn an Details)
Weitere Informationen zur Kamera sind hier und hier auf der Seite von Lechner Electronic CCTV zu finden.
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