Astrofotografie mit CCTV-Kameras

Ich habe von 2003 bis 2009 mit zwei schwarzweiß-Überwachungskameras gearbeitet, die intern mehrere Bilder aufaddieren können. Dadurch ergeben sich Belichtungszeiten von 1/10000 Sekunde bis zu 2,5 Sekunden bei der Mintron 12V1C-EX (links im Bild) und von 1/25 Sekunde bis zu 10 Sekunden bei der Watec WAT 120N (rechts im Bild). Beide Kameras sind nicht gekühlt und mit hochempfindlichen und rauscharmen SONY-CCD-Sensoren ausgestattet, so daß auch bei maximaler Belichtungszeit in lauen Sommernächten die Anzahl der Hot Pixels noch erträglich ist. Insbesondere die Watec ist von der Empfindlichkeit her astronomischen CCD-Kameras durchaus ebenbürtig. Es fehlt eben nur die Kühlung und die Möglichkeit, länger als 10 Sekunden belichten zu können. Auf der anderen Seite erfordert die relativ kurze Belichtungszeit keine so exakte Aufstellung der Montierung und auch keine besondere Nachführkontrolle. Die Nachführgenauigkeit meiner Montierung reicht völlig aus, wenn die Polachse einigermaßen genau auf den Himmelspol gerichtet ist.


Watec WAT-120N (rechts) und Mintron 12V1C-EX (links) mit Adapter C/CS-Mount auf Pentax-Bajonett



Watec WAT-120N CCTV-Kamera

Mintron 12V1C-EX CCTV-Kamera

Empfindlichkeit von Watec WAT-120N und Mintron 12V1C-EX

Watec WAT-120N CCTV-Kamera am Teleskop

Vergleich verschiedener Framegrabber

Bildaufnahme und -bearbeitung mit CCTV-Kameras

Bilder (nicht nur) mit der Watec WAT-120N CCTV-Kamera

OES CMOSfB-Kamera


Warum benutze ich schon seit einigen Jahren eine CCD-Kamera und nicht weiterhin eine Kleinbildkamera? Astrofotografie mit Kleinbildkamera und Film ist einfach, preisgünstig und ... oft frustrierend. Und dieses aus verschiedenen Gründen:
1. Es dauert, ehe man den Film voll hat.
2. Es dauert, ehe der Film entwickelt ist.
3. Die Bilder sind über- oder unterbelichtet.
4. Das Objekt ist nicht so schön zentriert wie gedacht.
5. Das Objekt ist so klein, daß man kaum Details erkennen kann.
6. Man muß stundenlang in der Kälte stehen und in unbequemer Körperhaltung nachführen.
7. Der Filmhersteller hat schon wieder die Emulsion verschlimmbessert: Schwarzschild-Verhalten und H-alpha-Empfindlichkeit haben sich verschlechtert.
8. Der Film ist zwar recht lichtempfindlich, aber sehr körnig.

CCD-Kameras für die Astrofotografie waren und sind (Stand 2003) dagegen sehr teuer, benötigen viel Strom und eventuell zusätzlich noch einen Wasserkreislauf für die Kühlung, und haben (hatten) recht lange Auslesezeiten der Bilder. Sie sind im Prinzip für den mobilen Einsatz weniger geeignet, wenngleich dies nicht unmöglich ist. Da bot sich vor einigen Jahren die CMOSfB-Kamera von OES an. Preisgünstig (zumindestens im Vergleich zu den CCD-Astrokameras), gekühlt und recht empfindlich und rauscharm sollte sie sein.

Über einige Mondaufnahmen bin ich allerdings mit der Kamera nicht hinausgekommen. Das lag an verschiedenen Faktoren. Der gravierenste war, daß die Kamera wegen der Kühlung 1,5 A Strom zog. Dazu kam, daß zum Betrieb ein Computer, für den mobilen Betrieb ein Notebook, nötig war, der nochmal 3 A Strom zog. Zusammen mit der Montierung wurden so 5 A Strom verbraten. Und dann muß die Montierung genau eingenordet sein und separat nachgeführt werden. Bei meinen Versuchen mit Stromversorgung über 220V-Netzteil gelang es mir nie, die Montierung genau genug einzunorden, weil mein Haus im Wege stand. Die Sterne wurden also Striche. Testbilder von M42 zeigten ansatzweise, was in der Kamera stecken könnte, aber der Betrieb war noch zu aufwendig und kompliziert. Außerdem ist die Kamera mit einem Gewicht von über einem Kilo nicht gerade ein Leichgewicht am Okularstutzen.

Dann kam die Mintron MTV-12V1C auf den Markt: Eine CCTV-Überwachungskamera in Industriequalität, die bis zu 2,5 Sekunden belichten konnte. Ein wahres Wunderding, wenn man die Ergebnisse einiger Benutzer sah. Klein, leicht und einfach in der Handhabung waren mit dieser Kamera ohne Kühlung des CCD-Chips viele Deep-Sky-Objekte "mit Leichtigkeit" in Reichweite. Das war es doch, was der Mann braucht! Allerdings gibt die Kamera nur ein Analogsignal aus, d.h. zur digitalen Speicherung und Verarbeitung der Bilder war noch ein Framegrabber nötig. Da ich eine kostengünstige mobile Variante für das Notebook nicht fand, entschloß ich mich zu einer ortsfesten für den heimischen PC. Und da viele CCD-Astronomen (die mit den richtig teuren Kameras) auch aus der Stadt und bei Vollmond schöne Aufnahmen machen konnten, sollte es dann doch auch für mich möglich sein, von meiner Terrasse aus der Stadt heraus Deep-Sky-Aufnahmen zu machen. Ich hatte damit glücklicherweise recht.

Mit der Mintron war ich anfangs sehr zufrieden. Auf die Dauer störten aber ein paar Punkte wie z.B. der ungleichmäßige und am linken Rand sehr helle Hintergrund und die hohe Zahl an Hot Pixeln. Eine noch längere Integrationszeit und der direkte digitale Zugriff auf die Bilder via USB hätten ebenfalls gut getan. Aber man (ich) konnte mit diesen Schwächen einigermaßen leben. Die max. 2,5 Sekunden Belichtungszeit waren für mich ein guter Kompromiß, da ich damit noch einigermaßen runde Sterne hinbekam, obwohl ich die Montierung nur sehr grob eingenordet hatte.

Seit Anfang 2004 besitze ich auch die Watec 120N, die mit einem ähnlichen Chip wie die Mintron arbeitet, aber maximal 10 Sekunden belichten kann, einen gleichmäßig dunklen Hintergrund und ein externes über ein Kabel angeschlossenes Bedienungsfeld hat. Mit dieser Kamera gelang es mir dann auch Galaxien abzulichten, und das mitten aus der Stadt und bei fast Vollmond in der Nähe des Monds. Das hat mich schon beeindruckt. Das genaue Ausrichten der Montierung auf den Himmelspol hatte ich mir schwieriger vorgestellt, da ich von der häuslichen Terrasse aus die Bilder aufnehme und der Nordteil des Himmels samt Polarstern vom Haus verdeckt werden. Zum Glück sind die Bodenplatten der Terrasse exakt in Ost-West-Richtung ausgerichtet, so daß ich mich mit den Stativbeinen an den Fugen orientieren kann, wenn der Montierungskopf waagerecht steht. Nur mußte ich das erst einmal feststellen. Deshalb sind die Sterne auf den Aufnahmen vor April 2004 nur selten punktförmig. Die Genauigkeit der Montierung reicht aus, um bei 10 Sekunden Integrationszeit noch runde Sterne hinzubekommen. Und sollten sie auf Einzelbildern einmal nicht punktförmig sein, werden sie einfach aussortiert.

Seit Sommer 2006 bin ich nun stolzer Besitzer einer Losmandy G11 Montierung mit Gemini GoTo Software. Damit ist es sogar möglich, die Polachse in kurzer Zeit auszurichten, ohne den Pol zu sehen. Außerdem läuft die Montierung mit einem kleineren periodischen Fehler und fährt alle Objekte so genau an, daß sie auf dem kleinen CCD-Chip erscheinen. Dazu reichte die Genauigkeit, d.h. die Auflösung der Encoder der digitalen Teilkreise oft nicht aus. Jetzt wäre auch eine noch längere Belichtungszeit möglich. Mal sehen, was der Markt demnächst bringt. Im Moment halte ich die Watec 120-N aber für einen sehr guten Kompromiß aus Empfindlichkeit, maximaler Belichtungszeit und Stromverbrauch. Diese Punkte sind gerade bei meinem mobilen Aufbau sehr wichtig.

Mittlerweile ist das alles Geschichte. Ich habe die Watec 120N von 2004 bis 2009 intensiv für die Deep-Sky Fotografie genutzt und damit viele schöne und z.T., wie ich finde, bemerkenswerte Aufnahmen machen können. Aber es wurden immer mehr die Grenzen dieser kleinen Kamera und meines Equipments spürbar, so daß ich im Jahr 2009 auf eine gekühlte CCD-Kamera, die Atik 314L, umgestiegen bin. Damit taten sich mir völlig neue Möglichkeiten auf. Die Mintron-Kamera habe ich vor ein paar Jahren verkauft. Sie leistet nun dem Käufer als hochempfindliche Guidingkamera treue Dienste. Die Watec-Kamera habe ich behalten und nutze sie selbst als Guidingkamera an meinem Autoguider TVGuider.

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