|
Die Watec 120N wurde wie die Mintron 12V1C-EX als Überwachungskameras für schlecht ausgeleuchtete Objekte entwickelt. Ihre maximale Belichtungszeit von 10 Sekunden ist viermal länger als die der Mintron, wodurch die Watec der Mintron bei jeweils maximaler Belichtungszeit in ihrer Empfindlichkeit deutlich überlegen ist. Zudem ist der Bildhintergrund spürbar gleichmäßiger und zeigt nicht diese unangenehme Aufhellung in der Bildecke durch den Ausleseverstärker. Das macht die Watec 120N als CCTV-Kamera für Deep Sky Astrofotografie sehr interessant.
Der Größenvergleich der Watec mit der Mintron offenbart, wie klein und kompakt diese Kamera ist. Trotzdem ist die Wärmeentwicklung nicht dramatisch. In kalten Winternächten spürt man keine Erwärmung des Gehäuses. Lediglich bei Temperaturen von deutlich über 10 Grad Celsius kann es zu einer leichten Erwärmung kommen. Mit der Erwärmung einher geht auch die Anzahl und Intensität der Hot Pixels. Der Hintergrund bleibt angenehm und recht gleichmäßig dunkel. In der linken oberen Bildecke deutet sich bei langer Belichtungszeit und starker Kontrastanhebung ein stärkeres Rauschen als das mittlere Rauschen an.
Durch das abgesetzte und mit einem 3 m langen Kabel mit der Kamera verbundene Bedienteil ist die Kamera leicht zu bedienen ohne sie anfassen und das Teleskop in Schwingungen versetzen zu müssen. Über einen Drehschalter wird die Anzahl der intern zu addierenden Bilder eingestellt. 256 Bilder zu je 1/25 Sekunde ergeben dabei maximal 10 Sekunden Gesamtbelichtungszeit pro ausgegebenes Bild. Jedes Bild ist dabei das Ergebnis der Belichtungszeit der letzten 10 Sekunden, oder welche Belichtungszeit man auch immer eingestellt hat. Die Mintron verwendet dagegen eine gleitende Mittelwertbildung bei der Intergration, weswegen sich bei ihr das maximal belichtete Bild erst im Laufe der Zeit, in der Regel nach etwa einer Minute einstellt.
Der CCD-Chip der Watec hat auch eine etwas andere spektrale Empfindlichkeit als der der Mintron. Während beim ICX429ALL der Mintron die maximale Empfindlichkeit im Roten bei 600 nm liegt und im nahen Infrarot bei 800 nm noch immer 50% der maximalen Empfindlichkeit beträgt, ist die Empfindlichkeitskurve der Watec um ca. 100 nm zum blauen Ende des Spektrums verschoben und erreicht dort auch viel höhere Werte. Das hat zur Folge, daß einerseits Galaxienarme, die durch blaue Sternhaufen geprägt sind, gut erfaßt werden, andererseits die Empfindlichkeit im Infraroten bereits so stark abgesunken ist, daß eventuell kein Infrarotsperrfilter erforderlich wäre. Das habe ich jedoch nie ausprobiert, denn ich lasse ständig den IR-Sperrfilter vor der Watec, damit kein Staub auf den Chip kommt. Tatsache ist, daß es mit der Watec vergleichsweise ein Kinderspiel war, Galaxien in ihrer ganzen Pracht abzubilden, während mit der Mintron selbst bei M31 nur der helle Kern erfaßt wurde.
Mit einem Videoumschalter wird das Videosignal der Watec entweder auf den Kontrollmonitor oder den Videograbber am Computer geschaltet, so daß der jeweilige Empfänger immer die volle Signalleistung erhält. Den Kontrollmonitor brauche ich nur zum Fokussieren oder zur Fokuskontrolle mittels meiner Kreuzschlitzmaske, um vor Ort zu sehen, was die Kamera sieht. Die Objekte selbst wurden in den ersten Jahren mit den digitalen Teilkreisen grob eingestellt. Dann verglich ich das Livebild der Watec mit einem 40 x 30 Bogenminuten großen Ausdruck der Umgebung des Objekts, die ich mir vom Deep Sky Survey (POSS II, blaugefiltert) heruntergeladen hatte. Eine markante Sterngruppe des Livebilds konnte immer auf dem Ausdruck identifiziert und das Objekt über Steuerkommandos an die Montierung mittels eines Handtasters zentriert werden. Das Zentrieren erfolgte bequem im warmen Zimmer vor dem Computermonitor mit einem zweiten Handtaster an einem entsprechend langen Kabel. Das Teleskop brauchte während der Aufnahmen nicht mehr berührt zu werden. Das ist umso wichtiger, weil mein Aufbau mit dem verwindungsfreudigen Leichtbau-Alustativ sehr wacklig ist. Windstöße lassen das Teleskop schon mal einige Sekunden schwingen. Das ist aber für mich kein Problem, denn solche Bilder kann ich mit VirtualDub (einem kostenlosen Programm zur Videobearbeitung) leicht aus dem AVI-Video entfernen. Gleiches gilt für Bilder, durch die mir ein Flugzeug geflogen ist, die wegen durchziehender Wolken oder schlechtem Seeing unbrauchbar sind, oder die durch das Rezentrieren des Objekts auf die Bildmitte verwischt sind.
War ich mit der Mintron schon zufrieden, so konnte diese Zufriedenheit durch die Watec in Begeisterung gesteigert werden. Ich habe den Eindruck, daß ich mit der Watec etwa die gleiche Empfindlichkeitsgrenze erreiche wie andere CCD-ler mit einer SBIG ST-7. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob ich bei der Watec die Bilder von 10 Minuten oder 30 Minuten Belichtungszeit aufaddiere. Versuche mit 60 Minuten Belichtungszeit führten zu keinem spürbar besseren Signal-Rauschverhältnis im Vergleich zu 30 Minuten Belichtungszeit. So bleibe ich aus praktischen Erwägungen bei 30 Minuten Belichtungszeit, die sich manchmal durch äußere Umstände (Wolken, einsetzende Dämmerung, Tau) auch deutlich verkürzen können.
Technische Daten:
Sensor-Typ: SONY ICX-419ALL (HAD-Typ)
Auflösung: physikalisch 795 x 596, von denen 768 x 576 entsprechend PAL-Norm genutzt werden
Pixelgröße: physikalisch 8,6 x 8,3 µm (Chipgröße: 6,9 x 5,0 mm)
Empfindlichkeit: Maximum bei ca. 500 nm, bei 800 nm auf 30% gegenüber 500 nm abgefallen, von 425-650 nm mindestens 80% der maximalen Empfindlichkeit
Belichtungszeiten: 0,04 - 10 s
Verstärkung: min. 8dB, mit Drehregler stufenlos einstellbar, nicht abschaltbar
Gamma: in drei Stufen einstellbar
Über einen Taster kann das aktuelle Bild eingefroren werden.
Das Modell WAT-120N wird nicht mehr produziert. Als Nachfolgemodell kann das Modell WAT-910HX/RC angesehen werden. Das Datenblatt des CCD-Sensors ICX-419ALL ist hier zu finden.
|